Sunday 13 May 2007

Ex-Sovietrepubliken-Blues

Heute war ich am Geburtstag vom Vater von Irene. Eine Freundin von Irene war auch noch da die glücklicherweise in den USA aufgewachsen ist, also Englisch sprach. Die ganzen Wodka-Toasts habe ich natürlich verpasst. Aber es wurde viel gelacht und das ist ja zum Glück ansteckend, auch wenn man keine Ahnung hat was abgeht. Ich sass also da mit meinem Gesicht Nummer 17 und lachte mit.

Ich hatte das gleiche deprimierende Gefühl zeitweise welches uns auch in Georgien befallen hat. Nette, fröhliche Menschen, die Geburtstag feiern, Lieder singen, tanzen. Ingenieure, Chemikerinnen, Lehrer. Nur dass sie in einer schäbigen Wohnung einquartiert sind, als etwas gebastelt ist und es nichts wirklich gibt. Toasts die die schweren Zeiten während dem Krieg erwähnen (und 'Krieg' heisst hier nicht 39-45 wie bei uns). Es gibt hier genau so wenig Perspektive wie in Georgien. Es waren mehrere Cousinen von Irene dort. Die studieren an der Uni oder planen ans Konservatorium zu gehen. Das Unidiplom kann man aber leider schon Shreddern bevor man es sich kauft, weil es wohl kaum was wert ist. Die Cousine die für das Konservatorium am vorbereiten ist, hat uns dann noch etwas vorgespielt. Das Piano war unten einem kleinen und kargen Raum mit Tinker Bell in der Mitte von der Decke baumelnd. Sie haben mir vorher erzählt wie schwierig es war das Piano hierherzukriegen und wie heikel sie war wegen dem Bewegen des Pianos. Das Gerät klang schrecklich und muss eine Zumutung sein für jemanden mit einem feineren Musikgehör als ich. Sitzen musste sie auf einem ganz normalen natürlich nicht höheverstellbaren Stuhl. Spielen tat sie aber fantastisch gut. Es tut mir irgendwie wie soviel Enthusiasmus und Talent zu sehen und so wenige Möglichkeiten dieses zu fördern und sowenig Entwicklungsraum. Traurig.

Vielleicht sollte es einem trösten dass sich die Leute mit ihrem Leben arrangiert zu haben scheinen. Viel mehr als viele unserer MitbürgerInnen. Man lacht, singt und tanzt mehr am Geburtstag als bei uns. Vielleicht ist es nur aus unserer Perspektive so traurig.

Friday 11 May 2007

Tanzbär

Hier das versprochene Foto von mir beim Versuch das armenische Tanzbein zu schwingen. Ich wirke erstaunlich gut drauf, denn an diesem Abend (der Abend der Überschwemmung) hat ich gar keine Lust dort zu sein und rumzuhopsen. Ich scheine meinen Job gut gemacht zu haben.


Und da dieser Eintrag eher kurz ist und wenig Substantielles zu bieten hat, hier noch zwei Fotos als Zugabe:

Blume mit Berg (für dich zusammen fotografiert)


Blume mit Mann im Anzug (ebenfalls für dich):

Wednesday 9 May 2007

Schulreisenachzügler

Zuerst mal eine Kostprobe des Frauenchors die ich versprochen habe. Du kannst diese hier downloaden.

Statt die ganzen Bilder hier in de Blog zu pappen und das Öffnen unnötig zu verlangsamen, habe ich dir hier die Fotos hochgeladen. Kannst mir glauben, das hat eine Ewigkeit gedauert ich hoffe es klappt. Vielleicht findest du ja selber raus was was ist. Viel Spass.

P.S. Den Link kannst du auch nach Langenbruck schicken und so. Der ist ja nicht mit dem Blog verbunden.

P.P.S: Lass es mich wissen ob es geklappt hat mit den Bildern und dem Song.

Tuesday 8 May 2007

Schulreise

Am Sontag waren wir auf Schulreise. Hier eine Kurzzusammenfassung des Ausflugs. Wir fuhren raus zu der Ruine einer alten und ursprünglich mal grossen Kirche von der du auch schon Fotos gesehen hast. Die Ruine ist wunderschön gelegen mit Ararat im Hintergrund. Ich bin mir sicher dass die Heiden (zur Wortwahl siehe vorhergehender Eintrag) hier schon einen Tempel hatten. Es ist so der typische Ort wo man das Gefühl kriegt man müssen den Göttern huldigen, weil halt einfach atemberaubend schön. Da war auch ein kleines nicht sehr interessantes Museum nebenan, welches Sonntags geschlossen hat. Da hatten wir den Chor hinbestellt und eine kurze Aufführung. Ich versuche falls ich Zeit und Geduld habe einen Song vor meiner Rückkehr hochzuladen.

Wir besichtigten eine kleine nicht sehr beeindruckende Kirche. Wir gingen während dem Gottesdienst rein und in so eine kleine niedere Kammer wo irgend eine heillige Jungfrau aufgebahrt war in einem Marmorsarg. Zu zwölft in diesem engen Grab kam plötzlich so ein Ober-Popel angewatschelt und unverstört schwenkte er seine Weihrauchkanne über dem Grab und ging wieder zurück. Ich schien der einzige gewesen zu sein der das irritierte und der das Gefühl hatte zu stören. Die Führerin unterbrach einfach kurz ihre Ausfürungen während der Druide irgendwas auf ausländisch murmelte. Anschliessend ging es weiter zu einem Kloster und dem Gottesdienst, dem ich dann ziemlich schnell entfloh. Zum Glück kann man da ein und raus wie man möchte.

Anschliessend wurden wir vom Erzbischof empfangen der uns einen kleinen Vortrag über die Armenische Kirche hielt und ihre Geschichte. Ein relativ intelligenter Mann der die Soviets im Kanadischen Exil beobachtet hat und erst nach dem Zusammenbruch des Regimes wieder zurückkam. Ich habe dabei einiges gelernt. Zum Beispiel wusste ich nicht, dass die armeinsche Kirche sehr nah an der Katholischen ist. Auch dass die lokalen Behörden zu Sovjetzeiten die Schraube viel enger zogen als Moskau. Anscheinend gab es Dekrete von Stalin die eine gewisse Autonomie der Kirche vorsahen in Armenien die von den lokalen Behörden nie umgesetzt wurden. Am Schluss zeigte er uns noch die Privatsammlung in der Residenz des Katholikus.

Das Mittagessen fand in der Pampa statt in einem wunderschönen Innenhof, zwischen blühenden Kirschbäumen und mit traditionellem Barbecue. Dies bei schönstem Wetter. Very pleasant.

Dann machten wir noch einen Ausflug zu einem Heiden-Tempel (zur Wortwahl siehe wieder vorhergehender Eintrag). Was ich da interessant fand war, dass er dem Gott des Lichtes und der Sonne gewidmet war (eine Gottheit übrigens die es auch auf dem Gebiet des heutigen Georgiens und in Persien gab, der Name zumindest klingt zum Verwechseln ähnlich). Angeblich hätte dort eine Statue gestanden vom Gott der sich im Kampf mit einem Stier befand. Es wird vermutet dass der Stier ein Symbol für die Dunkelheit und die Macht des Bösen war. Ich fand das sehr interssant da ich immer noch die Opferszene am Ende von Apocalypse Now zu verstehen versuche. Das würde wie die Faust aufs Auge passen oder?


Aberglauben

Hier in Armenien ist man sehr stolz darauf, dass man angeblich als erstes Land das Christentum zur Staatsreligion erhoben hat (im Jahr 301 unserer Zeitrechnung wurde mir eingehämmert, so glaub ich zumindest). Ob das nun wirklich ein Grund ist um Stolz zu sein sei mal dahingestellt. Wie auch immer mir ist aufgefallen, dass die Leute hier sehr abergläubisch sind. Zum Beispiel hat die Assistentin hier mal einen Schlüssel gesucht den wir dringend brauchten. In einem Raum habe ich an einem Stuhl den Gürtel ihres Mantels um ein Stuhlbein gebunden gesehen als ich den Schlüssel suchte. Ich hab mich schon etwas gewundert was das soll, habe es aber natürlich nicht mit dem Schlüssel in Verbindung gebracht. Später wurde ich jedoch aufgeklärt dass man einen Gürtel um ein Stuhlbein binden muss wenn man etwas verloren hat und diesen Raum nicht betreten. Man binde damit sozusagen des Teufels Schwanz fest und lässt ihn in dem Raum. Da er Schuld ist das du das Ding das du suchst nicht findest, kannst du es, mit dem Teufel in sicherer Verwahrung dann finden. Besonders erschrak ich, da mir das Irene erklärt hat als ‚drôle de coutûme’ aber dann noch ominös hinzufügte: ‚Je sais, c’est un peu bizarre, mais ça fonctionne, je ne sais pas pourquoi’.

Ein Beispiel könnte ja die die Regel bestätigende Ausnahme sein. Daher noch eine zweite Anekdote: Als ich die zweit Tranche der Per Diem ausbezahlte verlangte ich wie üblich eine Unterschrift um den Empfang des Geldes zu bestätigen und streckte einer Teilnehmerin die Dollar unter die Nase. Zu meinem Erstaunen nahm sie sie aber nicht. Ich fragte ob sie das Geld nicht möchte. Sie sagte ich solle es auf den Tisch legen. Ich guckte etwas verwirrt und fragte nach dem Problem. Es bringe Unglück jemandem Geld aus der Hand zu nehmen meinte sie. Meine Reaktion war, dass es wahrscheinlich mehr Unglück bringt Geld nicht zu nehmen… Und das ist eine studierte Ökonomin.

Was mir persönlich nur wieder bestätigt das Aberglauben nicht nur verwandt ist mir Religion sondern aus genau der gleichen Quelle kommt. Sowas in einem Land wo man den Ausdruck Pagan (oder gar Heathen) als neutrale Bezeichnung für Vorchristliche Religion benutzt. Obwohl die meisten gläubigen Christen das Gegenteil behaupten, Demut ist nicht gerade die Frucht des Glaubens. Es scheint mir als ob er Arroganz wesentlich förderlicher ist.

Morgen gibt es dann einen Bericht von meinem Sonntagsausflug. Wird wahrscheinlich etwas dauern, da ich Bilder hochladen werde.

P.S.: Warum jagt mir die Aussage im letzten Abschnitt dieses Artikels einen kalten Schauer über den Rücken? Sollte ich aufhören Science-Fiction Bücher zu lesen? Oder bin ich vielleicht auch abergläubisch? :-)

Monday 7 May 2007

Hepatitis A und Johnny Holiday

Was für ein Tag! Irene hat etwa die Hälfte davon im Krankenhaus verbracht. Die 'Rückführung' mussten wir nun mit einer Ambulanz machen, einer Krankenschwester und einem Arzt in Begleitung. Der Quark kostet uns tatsächlich USD1000. So ein Verhältnisblödsinn. Sie hat nun wirklich nicht Aussatz.

Ich konnte die TeilnehmerInnen einigermassen beruhigen, obwohl die immer noch kollektive Bluttests machen wollen oder mir was von notwendiger Massenimpfung erzählen. Ich versuchte ihnen ganz ruhig zu verklickern wie es übertragen wird (mit verunreinigungen vom Stuhl einer infizierten Person) und dass man ohne sehr nahen täglich Kontakt kein grosses Risiko eingeht. Ich griff dann auf Bilder zurück wie dass sie ja nicht wissen wer ihr Geld angefasst hat bevor ihnen und wer die Tür zum Restaurant vor ihnen geöffnet hat und wie sauber dessen Hände waren. Sie blieben skeptisch aber die erste Panikwelle ebbte etwas ab. Dass einer der Teilnehmer eine Ärztin als Mutter hat, half nicht. Er meinte dass sie im sagte viel Wassertrinken und irgendwelche Pillen zur Prävention. Nicht gerade hilfreich für Crowd-Control. Vor allem das Wassertrinken ist wahrscheinlich erst wenn man voll Dünpfiff hat. Naja, mein Argument dass das Ausland halt Risiken mit sich bringt würde hier wohl eh nicht verstanden werden.

Aber damit wir noch auf einer witzigen Note änden (neue Rechtschreibung ;-) ): Gestern auf BBC gab es folgende Konversation zwischen zwei britischen Journalisten. Einer auf der Champs Elysée wo ein grosse Konzert für Sarkozy (mit Johnny Holliday) geplant war und der andere im Studio in Paris. Ich musst laut lachen. Es geht doch nichts über trockenen Englischen Humor:

“Johnny Holiday, a favourite of yours, is scheduled to play here after the announcement of the results.". Der Sprecher im Studio in Paris beginnt zu lachen und sagt mit einem breiten Grinsen: “I will better keep my views on Johnny Holiday privat otherwise I will be expelled from this country“. Ich finde damit hat er bewiesen, dass er die Frankreich versteht.

Saturday 5 May 2007

Fitness Filosophie

Für eine gute Alliteration übernehme ich sogar neue Rechtschreibung. Es tut nur ein bisschen weh. Oder vielleicht doch ein bisschen fest. Naja, in 50 Jahren werd ich mich auch an Filosophie gewöhnt haben.

Ich glaube die meisten Menschen haben was grundsätzlich falsch verstanden wenn es um Training geht. Da war zum Beispiel dieser Dicke Deutsche (mit richtigem Barbecue-Bauch). Der hat da Hanteln gestemmt von einem Gewicht, dass war beeindruckend. Nur hat er wohl gedacht, so ein Fitnessstudio (da sind es jetzt immer noch drei 's' trotz Rechtschreibereform wenn mich nicht alles täuscht) ist um Tarzan zu spielen und eine direkte Korrelation zwischen Gewicht und Effekt angenommen. Nur wenn man dann jedes Gewicht nur viermal hochhebt und am Ende dreimal soviel Zeit in der Sauna verbringt, da geht der bayrische Würstlwanst (noch einenen Bauchbezogenen Stabreim!) nicht weg. Aber zugeben, es ist weniger anstrengend. Ich glaube auch nicht dass der das ausserhalb des Hotels je macht oder gar im Hotel regelmässig da unten anzutreffen ist.

Das ist wohl das Haubtmissverständnis. Es bringt nichts eine zu teure Ausrüstung zu kaufen. Wieviele Fitnessmaschinen braucht der Mensch? Keine wahrscheinlich. Was wirklich entscheidend ist, ist dass man die eigene Trägheit überwindet und nicht den Weg des geringeren Widerstands geht (der geringste wäre wohl gar kein Effort). Darum joggle ich auch in einer Art und Weise die du manchmal als fanatisch bezeichnest. Wenn ich mir selber nachgebe dann ist es zu spät. So gesehen sind die Versprechen die die Anbieter von so Geräten machen wahrscheinlich nicht mal gelogen ("In 20 Minuten täglich schon nach 2 Monaten sichtbare Resultate", "Mit nur wenigen Minuten jeden Tag in ein paar Wochen zum Waschbrettbauch"). Aber rausfinden ob es vielleicht doch gelogen war finden die meisten die diese Gerätschaften kaufen wohl eh nie raus.

Ich habe jetzt einen Weg gefunden dem griechische Ideal des gesunden Geistes im gesunden Körper näher zu kommen. Ich höre jetzt nämlich 'In Our Time' während dem Rennen. Mit Popper im Ohr ist das Laufband weniger langweilig. Er kann zwar nicht mit dem See konkurrenzieren wenn es um Kurzweilligkeit geht aber besser als 'Fashion TV' was sie normalerweise immer laufen lassen da unten (Models gehen Steg auf, dann wieder ab und tragen dabei seltsame Kleider und das 24 Stunden).